10 Milliarden Euro Investitionen, 4.500 Arbeiter, 37 Brücken, 27 Tunnel, Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 300 kmh und eine Fahrzeit von Berlin nach München von 4 Stunden.

Oder um ganz genau zu sein 3:58 Stunden. Bisher brauchte man für die 623 Kilometer sechs Stunden. Es hörte sich wie eine Aufreihung von Superlativen an, was man von der Prestigestrecke der Deutschen Bahn las.

Spätestens als Bahnvorstand Richard Lutz bei der Eröffnung der Strecke letzten in der deutschen Hauptstadt sagte, damit sei man gegenüber dem Auto „unschlagbar” und könne mit dem Flugzeug in Wettbewerb treten, hätte man nachdenklich werden sollen. Berlin und Fliegen – das Thema ist mittlerweile so mit Spott überzogen wurden, dass selbst dem sonst so kreativen Internet kaum noch etwas einfällt.

Nach der ersten Woche kann man nun bilanzieren, dass die Bahn unzweifelhaft in den Wettbewerb mit der fliegenden Konkurrenz getreten ist. Verspätungen, Zugausfälle, Pech und Pannen, angeblich behebbare technische Probleme und frustrierte Kunden allerorten. Solche Meldungen ist man auch vom Flughafen Berlin Brandenburg gewohnt! Deutschland blamiert sich mal wieder bei einem Verkehrsinfrastrukturprojekt.

Anders als beim BER hat die Bahn aber immerhin gelernt, dass man sich nach miesen Ergebnissen nicht in hoffnungslosen Zweckoptimismus üben sollte. Mittlerweile gibt man zu, dass die ganze Sache „nicht gut gelaufen” bzw. „missglückt“ sei. Birgit Bohle, Vorsitzende des Vorstands DB Fernverkehr, entschuldigte sich bei den Fahrgästen und versprach bis zum Jahresende großzügige Entschädigungsregelungen bei mehr als einstündigen Verspätungen. Demnach bekommen Betroffene neben dem Ticketpreis auch noch ein Reisegutschein in Höhe von 50 €. „

Die Bahn geht damit weit über das hinaus, was die Fahrgastrechteverordnung vorsieht”, so Bohle. Zugleich wird damit kommuniziert, dass solche Verspätungen künftig allenfalls nur noch selten auftreten werden.

Was aber sind die Ursachen für das Chaos? Das gab es zunächst einmal Probleme mit dem
Zugsicherungssystem ETCS (European Train Control System). Dabei soll es sich um Einzelfehler und nicht um systematische handeln. Das ETCS ist eine Leit- und Sicherungstechnik, die elektronisch und per Funk arbeitet und Streckensignale überflüssig macht sowie – Schritt für Schritt – mehr als 20 verschiedene Zugsicherheitssysteme in Europa vereinheitlichen soll.

Gibt es damit Probleme, müssen die betroffenen Züge auf der alten ETCS-losen Strecke weiterfahren. Claus Weselsky, Chef der Lokführergewerkschaft GDL, warf der Bahn vor, die Lokführer ohne Probefahrten auf die Strecke geschickt zu haben. Dem widersprach die Bahn ausdrücklich, erwähnte „hunderte Testfahrten mit Lokführern“ und verwies überdies darauf, dass das ETCS-System abschnittsweise schon 2016 eingeführt wurde und somit nicht neu sei. Bekannt war aber auch, dass es dabei Probleme gab. Anscheinend hat man den Umfang der Schwierigkeiten unterschätzt. Zugausfälle gab es ürbigens nicht nur auf der neuen Prestigestrecke der Bahn.

Auch auf anderen Strecken fallen regelmäßig Fernzüge aus, was den Gerüchten Nahrung gibt, wonach schlicht und einfach zu wenig Züge zur Verfügung stehen.

Auch hierfür lieferte die Bahn mittlerweile eine Erklärung. Danach seien Weichenstörungen,
Streckensperrungen sowie der Winter – am Wochenende kam es zu einem Kälteeinbruch – Schuld.

Mit Schnee im Dezember ist ja nun auch wirklich nicht zu rechnen gewesen.